Woche 35 – Die Freundschaftsbim

Mitte August war der US-amerikanische Außenminister Mike Pompeo auf Stippvisite in Wien. Seither fährt eine „Freundschaftsbim“ durch die Stadt. Eine Straßenbahn, die (#herzensangelegenheit) der Freundschaft zwischen den Vereinigten Staaten und der Republik Österreich gewidmet ist. In ansprechendem Blau und mit wichtigen Daten der gemeinsamen Geschichte versehen: 1838 – Aufnahme diplomatischer Beziehungen (damals noch durch die Monarchie), 1919 – amerikanische Kinderhilfe, 1946 – CARE Pakete, 1948 – Marshallplan, 1952 – Fulbright Programm, 1955 – Staatsvertrag. Und: 2020 – Freundschaftsmasken.

Das ist ernst gemeint.

Die Freundschaftsbim

Die Freundschaftsbim

Mund-Nasenschutz als milde Gabe der mächtigen Vereinigten Staaten an das kleine Österreich in Zeiten der Corona Pandemie. Ungefähr zur selben Zeit nach Österreich geliefert, als Schutzmaskenlieferungen aus China nach Europa von amerikanischen Repräsentanten gegen Cash in die USA umgeleitet wurden – was für erhebliche Verstimmung auf Seiten der EU sorgte.

Aber das nur nebenbei.

Die Daten auf der Straßenbahngarnitur greifen natürlich nur einen Teil der gemeinsamen Geschichte auf. Es hätten sich auch die Migrationsströme aus der Habsburgermonarchie und der Ersten Republik nach Übersee vermerken lassen oder die Gipfeltreffen zwischen Kennedy und Chruschtschow oder Carter und Breschnew in Wien. Das wäre nur nicht so plakativ gewesen. Vielleicht hätte man dann auf die Freundschaftsmasken verzichten müssen, die nun wirklich symptomatisch sind – für das Selbstverständnis der USA in Zeiten der Trump-Administration.

Die betonte Hervorhebung der Masken als „wichtige historische Etappe“ der zwischenstaatlichen Beziehung, das erinnert an die bunten Perlen, mit denen den Ureinwohnern Amerikas Land und Rechte abgeknöpft wurden. Das hat etwas von der Gutsherrengabe hoch zu Ross an das ärmliche Landvolk. Das ist eine eindeutige Standortbestimmung von oben und unten. Partnerschaft auf Augenhöhe wird anders ausgedrückt. Aber daran verwundert nach bald vier Jahren Trump nichts mehr.

Insofern ist diese Straßenbahngarnitur bereits ein Dokument der Zeitgeschichte. Sie beschreibt präzise das Verhältnis zwischen den beiden Staaten. Sie beschreibt auch die österreichische Eigenwahrnehmung. (fksk)

Franziskus von Kerssenbrock

* 1966 Author, Journalist, Communications Expert Have written for various German and Austrian media (as DIE ZEIT, profil, DER STANDARD, HI!TECH, MERIAN, e.a.) Editor-in-chief at UNIVERSUM MAGAZIN Media Relations for Wirtschaftskammer Wien Head of Corporate Communications Oesterreichische Akademie der Wissenschaften Married, one son