Die Konferenz ist vorüber. Und alles ist anders. Vor zwei Wochen noch, zu Beginn des Weltklimagipfels, konstatieren vor allem die Medien, alles sei zu spät. Die globale Erwärmung zu sehr in Fahrt, als dass irgendetwas, als dass irgendwer noch etwas ändern könne. Die Weltgemeinschaft sei zu sehr uneins.
Paris, Stadt der Trauer. Verzagtheit als der gute Ton.
Und dann das Wunder an der Seine. Erstmals in der langen Geschichte der Klimagipfel einigen sich die Staaten auf gemeinsame Ziele, finden sich Nord und Süd, alte Industriestaaten und junge Schwellenländer auf einer Seite wieder. Mit einem ambitionierten Ziel: Die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken.
Erstmals verpflichten sich fast alle Staaten (die Ratifizierungsprozesse vorbehalten) auf dieses Ziel.
Nicht nur auf ein Ziel. Sie haben auch einen Fahrplan vereinbart: 2018 wird eine Konferenz die Ideen und Programme zur Reduktion der Emissionen stattfinden. Wird dieses Programm von 55 Prozent der Staaten oder von jenen Staaten, die für 55 Prozent der Emissionen verantwortlich zeichnen, angenommen, tritt Paris im Jahr 2020 verbindlich in Kraft.
2023 ist der nächste Punkt auf der Agenda. Wiederum ein Treffen. Wobei diesmal verbesserte Reduktionspläne vorgelegt werden sollen. Den reichen Staaten ist es in diesem Fall möglich, Hilfsmaßnahmen für ärmere Staaten vorzustellen – und in der Folge umzusetzen.
2028 sollen schließlich weitere Schritte zur Reduktion der CO2-Emissionen diskutiert und beschlossen werden.
Ob das 1,5 Grad-Ziel hält, das mag mit Fug und Recht bezweifelt werden. Was zählt, ist das Signal. Die Weltgemeinschaft anerkennt die Dringlichkeit. Sie weiß, dass Maßnahmen notwendig sind, dass sie gesetzt werden können. Es handelt sich um ein gemeinsames, um ein globales Programm.
Von nun an geht es nicht mehr um Schuldzuweisungen, um ein gegenseitiges Auf- und An- und Abrechnen. Es geht um Kooperation. Und damit auch um Vertrauen.
Am ehesten lässt sich Paris von seinen möglichen Auswirkungen mit dem Helsinki-Prozess der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in den 70er Jahren vergleichen. Dieser Prozess hatte letztendlich die Auflösung des Ost-West-Konflikts zur Folge. Das Ende des Kalten Krieges.
Somit ist Paris ein Wendepunkt. Wer immer die Ergebnisse dieses Zusammentreffens in Frage stellt, stellt sich außerhalb der Weltgemeinschaft. Einfach wird deswegen noch lang nichts. Aber: Erstmals im 21. Jahrhundert haben sich die Staaten dieser Welt aus freien Stücken auf ein gemeinsames Ziel, auf ein gemeinsames Unterfangen, auf ein akkordiertes Vorgehen geeinigt. In einer überlebenswichtigen Angelegenheit. Das stimmt optimistisch.
Denn von nun an heißt es – bei allen möglichen Differenzen – einmal mehr: Uns bleibt immer noch Paris. (fvk)