Ein kleines goldenes Nashorn. Das war gleichsam das Symbol für die „afrikanische Renaissance“, die vor 20 Jahren vom damaligen südafrikanischen Vizepräsidenten Thabo Mbeki ausgerufen wurde. Nach dem Ende der Apartheid zwischen Kap und Limpopo sollte Afrika als Ganzes durchstarten.
Das kleine goldene Nashorn war in Mapungubwe gefunden worden. Einer Ausgrabungsstätte im Norden Südafrikas; einer Vorläuferzivilisation der „Great Zimbabwe Culture“. Ein doppelt sinnträchtiges Bild.
Nicht nur im Hinblick auf den kulturellen Reichtum des Kontinents, sondern auch in Hinblick auf die Nashörner. Lebten vor 100 Jahren gerade noch rund 25 Breitmaulnashörner in KwaZuluNatal als die letzten ihrer Art, so war ihr Bestand durch gezielte Programme in Hluhluwe-Umfolozi auf über 25.000 Tiere angestiegen. Fast jedes Rhinozeros dieser Art in Afrika stammt somit aus dem Süden Afrikas. Eine gute Nachricht.
Weitere sollten folgen. Nelson Mandela begeisterte sich für die Idee des „Peace Parks“, eines sichelförmigen Verbunds aus Nationalparks und Reservaten, der sich grenzüberschreitend von Südafrika über Swaziland, Mosambik und Simbabwe bis nach Botswana erstrecken sollte. Um der afrikanischen Tierwelt Raum zum Wandern und zur Ausbreitung zu garantieren.
Nelson Mandela ist im Dezember 2013 verstorben. Thabo Mbeki ist längst nicht mehr in der Politik. Von der afrikanischen Renaissance ist keine Rede mehr. Eher vom wachsenden ökonomischen (und politischen) Einfluss Chinas. Und vom immer rasanteren Abschlachten der Nashörner in Südafrika. Allein 2014 fielen mehr als 1.100 Tiere den Wilderern zum Opfer. Heuer waren es bis Ende April rund 400.
In einer Studie zeichnet nun eine Forschergruppe um Nikkita Patel von der veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Pennsylvania die globalen illegalen Handelsrouten von Rhino-Horn, Elfenbein und Tigerteilen nach. Als Schlüsselländer wurden China und Thailand identifiziert. Im Nashorn-Netzwerk spielen Südafrika, Mosambik, Vietnam und Großbritannien eine wesentliche Rolle. Bei Elfenbein sind es Kenia, Vietnam, die USA sowie Hongkong.
Gelänge es, so die Forscher, die Schlüsselländer aus dem weltweiten Netzwerk zu entfernen, würden 90 Prozent der Lieferungen an Rhinohorn und Elfenbein ihr Ziel nicht erreichen, im Fall der Tigerknochen und –felle wären es sogar 98 Prozent. Also fordern die Autoren Informationskampagnen, die sich auf die Schlüsselländer konzentrieren.
Die Kampagnen gibt es. Sie laufen seit Jahren schon. In China, in Vietnam, in Thailand. Der Kampf um die Nashörner und Elefanten bestimmt einen Gutteil des öffentlichen Diskurses in Südafrika und anderen afrikanischen Ländern. Anti-Poaching-Units, zusammengesetzt aus Freiwilligen, patrouillieren in Reservaten, Fluglinien wie South African Airways verweigern den Transport von Tiertrophäen, Konzerne zahlen Geländewägen, Nachtsichtgeräte und Wachhunde.
Im Gebiet des Krüger Nationalparks, hart an der Grenze zu Mosambik, ist nächtens das schlappende Knattern der Militärhelikopter zu hören. In den Medien ist regelmäßig von Toten im Kampf gegen die Wilderei zu lesen. Dennoch steigen die Zahlen der hingeschlachteten Nashörner und Elefanten.
„Armut lässt sich nicht mit Informationskampagnen beseitigen“, sagt Ted Reilly. Reilly hat in den späten 80er und frühen 90er Jahren in Swasiland den Rhinokrieg erlebt. An vorderster Front. Reillys Familie gehören die Reservate Mlilwane und Mkhaya, wo Zuchtprogramme für gefährdete Arten laufen. Auch für Nashörner.
In Swasiland war es ein harter Kampf gegen die Korruption auf allen Ebenen des Staates. Kaum ein Land verhängt derzeit höhere Strafen als das Königreich – welches deswegen von Menschenrechtsaktivisten auch kritisiert wird.
Armut führt zu Korruption, sagt Reilly. Es geht immer um Geld. Um Geld und um die Möglichkeiten, die es einem bietet. Und für eine kleine Information, für ein Wegschauen schon gibt es Geld. Es ist so einfach, so unverfänglich, so verlockend.
Also ist der wichtigste Schritt im Kampf um den Erhalt von Elefanten und Nashörnern in Afrika, der Kampf gegen die Korruption. In den Justizapparaten, unter Veterinärmedizinern, innerhalb von Militär und Polizei, auf der Ebene der Politik, so Reilly.
Wenn das funktioniert, die vorhandenen Gelder tatsächlich für den Schutz der Tiere eingesetzt werden, dann könnte es möglich sein, einen kontrollierten Handel mit Rhinohorn zuzulassen. Ein Thema für die kommende CITES-Konferenz 2016. In Johannesburg. (FvK)