Woche 08 – Die Ukraine ist nur der Anfang

Das Gute an Vladimir Putin ist, er lässt keinen Zweifel mehr über seine Ziele zu. Das ist die Wiederherstellung von Russlands Glanz und Gloria, das ist die Dominanz über all jene Gebiete, über die die Sowjetunion verfügte, das ist letztlich die unangefochtene Dominanz in Europa. Und es ist sein unbedingter Wille, alle Mittel einzusetzen, diese Ziele zu erreichen. Auch sein atomares Arsenal. Diese Drohung steht im Raum.

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Damit entlässt Putin all seine Verteidiger und Versteher in den westlichen Staaten. Er entzieht ihnen ihre Grundlage, die da war, dass man mit dem Mann doch reden kann, dass auch Russland gute Argumente gegenüber der Ukraine hätte. Im Verlauf der letzten Wochen hat Putin wieder und wieder und unmissverständlich klargemacht, dass es für ihn nur eine Art gibt, den Frieden in Europa zu wahren: die Unterwerfung der Ukraine ohne wenn und aber.

Er hat klargemacht, dass ihm alle internationalen Verträge und Vereinbarungen nichts gelten, wenn sie seinen Intentionen widersprechen. Und er hat sich nicht einmal gewunden dabei. Er hat nicht versucht, sein Ansinnen, die europäische Nachkriegsordnung einzureissen, in diplomatische Zuckerwatte zu verpacken.

Wer Ohren hat, zu hören, wer Augen hat, zu lesen, wusste, was Sache ist.

Bemerkenswert ist nur, mit welcher Konsequenz quer durch Europa und auch die USA, diese Offenheit ausgeblendet wurde.

Jetzt fallen Bomben auf Kiew, Odessa, Charkiw, Kramatorsk, Mariupol und selbst auf Lwiw/Lwow/Lemberg, werden Ziele im ganzen Land mit Raketen beschossen, dringen russische – und belarussische – Verbände in die Ukraine ein.

Die Invasion ist der Beginn. Es ist eine Machtdemonstration, die sich an alle europäischen Staaten richtet: Wer sich nicht beugt, hat mit Konsequenzen zu rechnen. Auch darin ist Putin schonungslos offen.

Polen, Estland, Lettland und Litauen aber auch Finnland und Schweden haben diese Botschaft wesentlich früher verstanden (Polen und seine baltischen Nachbarn vor Jahren schon). Heute muss diese Botschaft auch in allen anderen Ländern der Union – und darüber hinaus – verstanden werden. Mit Putins Russland sind Vereinbarungen das Papier, auf dem sie geschrieben sind, nicht wert. Wer sich noch in der Illusion wiegt, man könne mit einem Aggressor ein gedeihliches Auskommen finden, braucht lediglich auf die Ukraine zu blicken. Das ist, was Putin für den Rest Europas bereithält.

Er ist darin ganz offen.

Europa muss es auch sein. Die Zeit der Zwei- und Mehrdeutigkeiten ist in den frühen Morgenstunden des 24. Februar 2022 von den russischen Invasoren ausgelöscht worden. (fksk, 24.02.22)

Franziskus von Kerssenbrock

* 1966 Author, Journalist, Communications Expert Have written for various German and Austrian media (as DIE ZEIT, profil, DER STANDARD, HI!TECH, MERIAN, e.a.) Editor-in-chief at UNIVERSUM MAGAZIN Media Relations for Wirtschaftskammer Wien Head of Corporate Communications Oesterreichische Akademie der Wissenschaften Married, one son